Ein inoffizielles Felskadertreffen oder: TJB von A bis Z
Bericht von Christoph Doktor
Ich gestehe – das 50. Treffen junger Bergsteiger war das erste Mal, dass ich daran teilgenommen habe. Es war eine intensive Erfahrung mit vielen tollen Begegnungen und Aktionen, die ich in guter Erinnerung behalten habe. Es wäre geradezu absurd, zu versuchen, bei der Fülle an Eindrücken einen chronologischen Abriss geben zu wollen. Um ein möglichst authentisches Bild des Treffens zu vermitteln, haben wir als Felskader deshalb ein kleines Lexikon der wichtigsten TJB-Vokabeln erstellt – viel Spaß damit!
A – Aehligweg
Weg auf den Kleinen Halben, der zu allen freien Kletterzeiten dauerbelegt wurde, dabei eigentlich ein anspruchsvolles Unterfangen.
B – Bielatal
Diesjähriges Kletterziel, speziell die Region zwischen Verlassener Wand und Stumpfer Keule. Die Wegeauswahl war interessant, es galt einige selten wiederholte Bielatal-Risse zu putzen. Besonderes Schmankerl für die AK5- am Spannagelturm musste zuerst ein Riss zur Hälfte im Aufstieg und dann der Nachbarriss direkt im Abstieg absolviert werden. Der Kletterspaß wurde jedoch nach gut einer halben Stunde durch Regen zunichtegemacht, wodurch sich die Kletterei relativ schnell auf die letzten drei trocken gebliebenen Routen beschränkt hat.
B – Berglauf
Startet an der Polenz und endet auf dem Burgplatz. Zwischendurch müssen ca. 200 Höhenmeter bewältigt werden und das bestenfalls in zügigem Tempo. Wanderer schauen außerdem eventuell verwirrt, wenn 100 Menschen durch das Kalte Loch nach oben spurten. Es soll Menschen geben, die trainieren im Jahr mehr für diesen Berglauf als fürs Klettern. Der Rekord liegt übrigens bei respektablen 7 Minuten.
E – Erste Hilfe
Station, an der bewiesen werden muss, dass man nicht nur einen starken Bizeps besitzt. Dabei die stressigsten zwanzig Minuten des Treffens, da es darum geht, eine meist völlig chaotische Situation, die von den Schauspieler:innen (und mit möglichst viel Kunstblut) oskarreif in Szene gesetzt wird, irgendwie zu managen. Die Best-of-Fails gab es am Ende des Treffens als Kulturbeitrag zu sehen.
F – Fingerkraft-Duell
Das Armdrücken aller Vertikalsportler:innen. Gegenübersitzend wird von zwei Menschen mit je einer Hand ein Leistenbrett festgehalten und auf Start wird versucht, dieses in den eigenen Besitz zu bringen. Im Gegensatz zur Ersten Hilfe entscheidet sich das Duell nicht nach Köpfchen, sondern danach, wie stark der Bizeps der Kontrahenten ist. Bei spontaner Griffablösung fliegen schon mal Bierbänke durch die Gegend.
F – Flaschenzug
Sollte in der Standard- und Schweizer Ausführung beherrscht werden, um alle möglichen technischen Aufgaben lösen zu können. Die AK5 wurde besonders durch einen absurd kompliziert gebauten Flaschenzug verwirrt, dessen Umlenkwirkung für die Theorieklausur bestimmt werden sollte. (Hat kein Team auf die Reihe bekommen.)
H – (Burg) Hohnstein
Seit vielen Jahren Ort des Klettertreffens. Zeichnet sich aus durch wunderschönes Panorama über dem Polenztal und die Unerreichbarkeit, sollte man kein Auto besitzen.
H – Halben
Egal, ob Kleiner oder Großer- da die Halben die nächsten Gipfel an Hohnstein sind, werden sie dementsprechend oft frequentiert und in Aufgaben eingebunden.
H – Hamburger Team
Fällt auf durch den längsten Anreiseweg gepaart mit der größten Motivation. Wobei uns bis heute unklar ist, wie die im Hamburger Flachland auf die Idee gekommen sind, an einem lokalen Sandsteinfestival teilzunehmen. Besondere Begeisterung weckt jedes Jahr der Hamburger Kulturbeitrag, der ihnen auch 2022 den Wanderpokal beschert hat.
K – Knoten
Müssen ähnlich wie Flaschenzüge vorwärts wie rückwärts und gesteckt wie geschlauft beherrscht werden. Werden meist verwendet, um irgendwelche mehr oder minder realistischen Szenarien (Du stehst am Ring und hast keinen Karabiner – wie sicherst du deine/n Seilpartner*in?) lebend zu überstehen. Pluspunkte bringen irgendwelche ausgefallenen Varianten wie z.B. der Schmetterlingsknoten.
K – Kulturbeitrag
Findet traditionell am letzten Abend statt und wird von den Teilnehmer:innen selber gestaltet. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt und so werden Gesangseinlagen, Theaterstücke, Sketche oder auch artistische Leistungen (häufig im Kletterkontext) zum Besten gegeben. Die Jury bestimmt im Anschluss das siegreiche Team, was in der Regel die Hamburger sind.
L – Lagerfeuer
Am Ende jeden Tages die soziale Versammlungsstelle, um in den Tiefen des Kletterliedguts zu schwelgen oder zu schwatzen oder einfach nur völlig breit vom Tag einzuschlafen.
O – Orientierungslauf
Alternativprogramm bei Regen quer durch das Brandgebiet, wobei stilecht kleine Zangen zum Abstempeln des Laufzettels gesucht werden müssen und je nach eigener Motivation Laufschritt oder Spaziergang angesagt ist. Grundsätzlich gilt: Je weiter die Zange entfernt liegt, desto mehr Punkte gibt es dafür. Das bisher noch kein Kind bei der Aktion im Wald verloren gegangen ist, darf getrost als Wunder bezeichnet werden. Einzelne verwirrte TJB-Teilnehmer sind dabei schonmal versehentlich auf dem Gipfel der Riesenechse angekommen.
P – Punkte
Werden an jeder Station gesammelt und jeden Abend an der Linde ausgehangen. Auch wenn es eigentlich ja nur um den Kletterspaß und das Knobeln an Problemen geht, sorgen die Punkte doch dafür, die Wettkampfnatur der einen oder anderen Teilnehmer:in herauszukitzeln und am Ende ein siegreiches Team zu bestimmen.
R – Regen
Klassischer Stimmungskiller. Die Felsampel ist die wahrscheinlich öftest genutzte Website während des TJB.
S – Slackline
Werden im Bärengarten in der unterschiedlichsten Ausführung (von Rodeo- bis Longline) gespannt und gelaufen und sind damit Teil des Sächsischen Triathlon (Klettern, Slackline, Volleyball). Gehört mit zur Kernkompetenz der Hamburger.
S – Schlappseil
Gefährliche Situation mit möglicher Gefahr des Bodenkontakts durch Unachtsamkeit des Nachsteigers, wenn der Vorsteiger gerade weit über dem ersten Ring den Schüttelhenkel rausbricht oder aber eine Band mit kultigem Liedgut über das Sächsische Klettern, deren Lieder am Lagerfeuer begeistert mitgegrölt werden. Der jungen Generation erschließt sich diese Tradition noch nicht so ganz, ist aber bereit sie zu akzeptieren (was eine fast schon philosophische Aussage darstellt).
S – Spezialstation
Von der Spezialstation wird im Vorfeld nichts, aber auch gar nichts verraten! Wir wurden dieses Jahr mit Brusteinbinde (als Sicherungstechnik von historischer Bedeutung) konfrontiert, sowie dem Hanelaufschwung, um sich aus im Sturzfall wieder aus dieser befreien zu können. Gepriesen sei der Mensch, der den Hüftgurt erfand oder- jetzt wissen wir, warum früher niemand ins Seil stürzen wollte.
T – Topo
Weg 1 – zwei Meter rechts von Weg 2 Wand an 3 Ringen vorbei z.G. Weg 2 – Verschneidung links von Weg 1 einsteigen und an Hangelrippen (R) vorbei zu Absatz. Wand (R) z.G. Weg 3 – von 1. R von Weg 1 rechtshalten an 4 Ringen vorbei zu Absatz, Wand (2 R) z.G. Weg 4 – links von Weg 1 einsteigend (2R), Weg 3 kreuzend zum 4. Ring von Weg 2, Rissspur z.G.) [usw-usf] Weg 20 - in der Nordseite engen Kamin zu Band, nach links queren und steilen Handriss z.G.
Und jetzt bitte alle in die Karte einzeichnen. In 15 Minuten.
T – Team
Sind immer zwei junge Menschen, zwischen denen im besten Fall so viel Vertrauen herrscht, dass man sich am Ende des Tages immer noch ok findet, wenn man sich im Wettersteiner Weg auf den Großen Halben auf Paketgröße zusammengefaltet oder die Erste Hilfe gemeinsam überlebt hat, dem Partner beim Baustelle-Bauen auf dem Kopf rumgetrampelt ist oder beim Bergunfalldienst mittelschwere Verständigungsprobleme beim Flaschenzug-Basteln hatte.